Mein Jahr in Israel
Mein freiwilliges Jahr in Israel begann etwas holprig. Im September 2017 kamen meine WG und ich in Kfar Saba, einer Kleinstadt zwischen Jerusalem und Tel Aviv, an. Wir alle hatten zuvor zuhause gelebt, die meisten von uns hatten gerade erst die Schule beendet. Doch plötzlich standen wir vor der Herausforderung, einen eigenen Haushalt zu führen, einer Arbeit nachzugehen, die viel Verantwortung mit sich bringt und all das in einem Land, dessen Abläufe und Sprache wir bis dahin kaum kannten.
Vor meiner Ankunft dachte ich, ich sei bestens auf das israelische Leben vorbereitet. Schließlich fuhr ich seit Jahren auf Machane, kannte viele Israelis und hatte bereits so viel über das Land gelernt. Doch ich lag falsch. Der israelische Lebensrythmus, die Schnelligkeit, mit der alles vorangeht, die Direktheit: Ich fühlte mich wie ins kalte Wasser geworfen.
Heute bin ich endlos dankbar für diese Erfahrung. Denn diese Zeit lehrte mich Selbstständigkeit. Durch die Arbeit mit Autist:innen wurde ich für das Thema Inklusion sensibilisiert und fing an zu verstehen, wie wichtig es ist, Verantwortung für die Welt, in der wir leben, zu übernehmen. Ich lernte zahlreiche Menschen kennen, die mir ihr Land und ihre unterschiedlichen Perspektiven darauf aufzeigten. Ich sah endlich die Vielfalt von der alle sprachen mit eigenen Augen und verstand, wie wertvoll diese ist. Immer wieder denke ich an die Ambivalenzen dieses Landes und damit einhergehend auch an die unseres Volkes. Ich denke daran, wie wertvoll diese sind und zu welchem Reichtum an Ideen sie uns führen.
Heute erinnere ich mich an die zahlreichen Feste, die ich dort gefeiert habe. Ich erinnere mich an all die Menschen, die mich ganz selbstverständlich bei sich willkommen hießen und mir halfen, das Land und die Sprache besser zu verstehen. Ich denke an Abenteuer von der Wüste bis in die Golanhöhen zurück. Ich denke an unsere Mittagspausen, bei denen Kolleg:innen aus Russland, Äthiopien, Marokko usw. traditionelle Gerichte mitbrachten und sie mit allen teilten.
Obwohl wir uns anfänglich unsicher und einsam in dieser neuen Lebensrealität fühlten, wuchsen wir mit jedem Tag. Wir lernten die Sprache, wir lernten uns selbst zu versorgen und Initiative zu ergreifen. Diese Erfahrung würde ich jederzeit wiederholen wollen.